Effiziente Politik

eine Glosse von Steffen Pabst

„Sehr produktiv“ – so lautete das Urteil von Bundeskanzlerin Angela Merkel am Ende des G7-Gipfels. Es lässt sich ja schließlich auch viel lockerer über Sanktionen gegen Russland verhandeln, wenn Russland nicht dabei ist. Vielleicht sollte sie gleich auf noch mehr Länder verzichten: Effizientes Arbeiten ist ihr sonst ja auch immer sehr wichtig! Die Franzosen und Kanadier versteht von Natur aus ja sowieso schon niemand, die Italiener haben so viel Ahnung von Demokratie wie der Vorstand der Fifa und das Einzige, womit die Engländer die Welt bisher bereichern konnten, waren Mr. Bean und gutes Männerfrühstück. Und wenn Papa Obama und Mama Merkel doch einmal Interesse hätten, was die anderen Staatschefs wohl zu einem Thema zu sagen haben, würde sowieso ein Druck auf die Kurzwahltasten der NSA-Kundenhotline reichen.

Haben wir unsere Vergangenheit schon vergessen?

Ein Kommentar von Hanna-Lena Neyls

Merkel hat unlängst im Rahmen des Evangelischen Kirchentags erklärt, dass Sie es unverständlich fände, dass Bürger freiwillig ihre Daten an Konzerne weitergeben. Wo sie doch gleichzeitig Skrupel haben, dem Staat Rechte einzuräumen, damit dieser auch ein paar Daten abfangen kann. Für unsere Sicherheit.

Stimmt. Was ist los mit unserer Gesellschaft, dass wir sämtliche Daten freiwillig mit Konzernen teilen, ohne die massenhafte Speicherung sensibelster Daten wie Kommunikationsdetails kritisch zu hinterfragen? Wir hätten doch nichts zu verbergen? Wo doch das Telekommunikations- und Briefgeheimnis im Grundgesetz festgeschrieben ist.

Nur: Was ist los mit unserer Politik, dass sie das Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung, welches vor einigen Jahren noch vom BGH als verfassungswidrig eingestuft wurde, in nur etwas abgeschwächter Form wieder verabschieden will? Oder dass sie eine PKW-Maut auf den Weg bringt, mit deren technischem Grundgerüst im großen Stil Verkehrsdaten gespeichert werden könnten?

Wieso setzt unsere Bundeskanzlerin eine freiwillige Weitergabe von Daten mit einer staatlichen Pflichtspeicherung gleich?

Und wieso nehmen wir all das hin?

Haben wir unsere Geschichte vergessen? Es gibt leider Zeiten, in denen der Staat nicht nur den Schutz der Bürger im Sinn hat, sondern den Schutz des Systems. Schon zweimal wurden in Deutschland im letzten Jahrhundert Menschen verfolgt, die aus verschiedensten Gründen nicht „in das System passten“. Gestützt durch ein umfangreiches Überwachungsnetzwerk.

Wieso sind wir so naiv, die Demokratie für immer als Gegeben anzusehen? Für die Erhaltung unserer Demokratie müssen wir auch einstehen. Und das geht nicht, in dem wir undemokratische Entwicklungen, auch wenn wir uns gegenwärtig in Sicherheit wähnen, einfach hinnehmen.