Busfahrer – Die unterschätzten Diktatoren von heute

Man wartet auf ihn meist sehnsüchtiger als auf den Weihnachtsmann. Auf den Berufskraftfahrer im Personenverkehr, kurz Busfahrer. Obwohl dieser Berufszweig wohl in keinem Freundschaftsalbum als Zukunftsprognose erwähnt wird, ist er es doch, der Schulabbrechern die größte Macht zuspricht. Sie werden da vielleicht nicht gleich zustimmen, aber betrachten wir die Alternativen: Türsteher? Grotesk. Der wahre Pförtner ist der Busfahrer. Wie Petrus an der Himmelspforte entscheidet er darüber wer rein darf oder nicht. Callcenteragent? Abwegig. Handwerker? Lächerlich. Friseur? Absurd. Es ist der Busfahrer der die Macht hat, Sie zu nerven, aufzuregen und unter gewissen Wetterbedingungen auch die Kontrolle über ihre Haare besitzt.

Busfahrer gibt es in jeglicher Ausführung, klein und dick, groß und dick, mit Schnäuzer, ohne Schnäuzer – Mann oder Frau. Aber es gibt einen großen Qualitätsunterschied unter ihnen – entweder er spricht oder nicht. Ein scheinbar lässig dahingeworfenes „Moin“ wird zum ultimativen Charaktertest dieses menschenähnelnden Wesens. Wird eine Begrüßungsfloskel zurück gemurmelt entspannt sich der Puls beim Fahrgast. Bei einem Nicken darf wieder gewagt werden zu atmen. Tritt keines dieser Ereignisse ein ist äußerste Vorsicht geboten.

Leichtsinnige Fragen, wie “Ist das der richtige Bus in die Stadt?” honoriert der Busfahrer, wenn überhaupt mit einer rhetorischen Frage: “Bin ich Jesus?”. Nein, das wohl nicht. Menschen mit Gottkomplex praktizieren schließlich keine Nächstenliebe. Natürlich weiß er genau wohin die Fahrt geht oder welche Linie zum gewünschten Ziel führt. Springt jedoch kein anderer Fahrgast ein, um die Frage zu beantworten, wird der verdutzte Fragende an der Haltestelle zurückgelassen – gerne im strömenden Regen.

Es herrscht darwinistisch angehauchte Selektion da draußen – die augenscheinliche Zutrittskontrolle des Busfahrers. Dabei scheinen vor allem Studenten der Dorn im Fuß auf dem Gaspedal eines jeden Busfahrers zu sein. Besonders regelmäßig werden Bushaltestellen geflissentlich ignoriert, die ein hohes Studentenaufkommen aufweisen. Und eine Bushaltestelle ist nur dann vorhanden, wenn der Fahrer ihr die Berechtigung der Existenz zuspricht. Ansonsten ist das gelbe Schild mit dem großen „H“ darauf schmückendes Beiwerk zur Gesellschaft der Straßenlaternen.

Aufatmen nachdem sich die Türen hinter dir schließen – ein Trugschluss! Es heißt nicht auffallen, am besten nicht bewegen. Das alles sehende Auge des Busfahrer bestraft kleinste Fehltritte sofort – mit der ruckartigen Macht des Gaspedals. In gewisser Weise ist hochachtungsvoll der Hut zu ziehen, vor der kreativen Art ihrer Sanktionsmaßnahmen: „Du da hinten, hör mit dem Gequatsche auf. Telefonieren stört die Elektronik des Busses“. Verständlich. Also wenn nächstes Mal die „Wagen hält“-Anzeige spinnt oder gar der Stop-Knopf nicht mehr funktioniert muss sich irgendwo im Bus jemand verstecken der törichterweise telefoniert. Eine andere Gattung Busfahrer bevorzugt die subtile Mechanik der Entschleunigung. Ein beliebter Mythos hierbei ist die sogenannte Lichtschranke, die den Fahrer daran hindert die Türen zu schließen. Natürlich ist dieser Laserstrahl nicht mit denen aus Mission Impossible zu verwechseln. Sie besteht nicht aus grünem Licht. Sie ist viel geheimnisvoller. Sie ist unsichtbar.

Im Großstadtdschungel ist der Endgegner der Busfahrer. Er entscheidet darüber ob du pünktlich den Zug erreichst. Höchstwahrscheinlich wäre es sinnvoller den Busfahrer erst nach dem erfolgreichen Transport zu belohnen – schließlich sang schon Chris de Burgh „don´t pay the ferrymen until he gets you to the other side“. Aber der Fahrschein scheint zur symbolischen Opfergabe geworden zu sein, um den Busfahrer milde zu stimmen.

Carolin Könning

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