Haben wir unsere Vergangenheit schon vergessen?

Ein Kommentar von Hanna-Lena Neyls

Merkel hat unlängst im Rahmen des Evangelischen Kirchentags erklärt, dass Sie es unverständlich fände, dass Bürger freiwillig ihre Daten an Konzerne weitergeben. Wo sie doch gleichzeitig Skrupel haben, dem Staat Rechte einzuräumen, damit dieser auch ein paar Daten abfangen kann. Für unsere Sicherheit.

Stimmt. Was ist los mit unserer Gesellschaft, dass wir sämtliche Daten freiwillig mit Konzernen teilen, ohne die massenhafte Speicherung sensibelster Daten wie Kommunikationsdetails kritisch zu hinterfragen? Wir hätten doch nichts zu verbergen? Wo doch das Telekommunikations- und Briefgeheimnis im Grundgesetz festgeschrieben ist.

Nur: Was ist los mit unserer Politik, dass sie das Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung, welches vor einigen Jahren noch vom BGH als verfassungswidrig eingestuft wurde, in nur etwas abgeschwächter Form wieder verabschieden will? Oder dass sie eine PKW-Maut auf den Weg bringt, mit deren technischem Grundgerüst im großen Stil Verkehrsdaten gespeichert werden könnten?

Wieso setzt unsere Bundeskanzlerin eine freiwillige Weitergabe von Daten mit einer staatlichen Pflichtspeicherung gleich?

Und wieso nehmen wir all das hin?

Haben wir unsere Geschichte vergessen? Es gibt leider Zeiten, in denen der Staat nicht nur den Schutz der Bürger im Sinn hat, sondern den Schutz des Systems. Schon zweimal wurden in Deutschland im letzten Jahrhundert Menschen verfolgt, die aus verschiedensten Gründen nicht „in das System passten“. Gestützt durch ein umfangreiches Überwachungsnetzwerk.

Wieso sind wir so naiv, die Demokratie für immer als Gegeben anzusehen? Für die Erhaltung unserer Demokratie müssen wir auch einstehen. Und das geht nicht, in dem wir undemokratische Entwicklungen, auch wenn wir uns gegenwärtig in Sicherheit wähnen, einfach hinnehmen.